Das ganze ist etwas komplizierter, hier also die ganze Geschichte...
Als ich vor etwa einem Monat aus der Schule kam, und ganz normal beim Mittagessen saß, fing meine Gastmutter plötzlich an mir zu erzählen ...weißt du, als wir die Bewerbungspapiere als Gastfamilie ausgefüllt haben, haben wir die Aufnahme einer Schülerin für 6 Monate angegeben. Und als wir deine E-mail erhalten haben, in der du dich uns vorgestellt hast und meintest, dass du dich sehr auf das Jahr mit uns freust, haben wir uns gewundert und sofort deiner Organisation Bescheid gegeben, dass das ein Missverständnis sein muss, und sie dich aufklären müssen, aber sie haben dich nie informiert... So saß ich da, hab meiner Gastmutter zugehört und langsam realisiert was sie mir möglicherweise versucht zu sagen. Als sie fertig war fragte ich nur sehr unsicher, heißt dass, das ich nach 5 Monaten die Familie wechseln muss? -Ja.
Danach sagte sie mir noch eine Menge, wie: es tut mir leid dass du das jetzt erst erfährst, ich habe die ganze Zeit darauf gewartet dass deine Kontaktperson dir das sagt, da es die Aufgabe von ihnen ist und ich dachte es ist besser für dich wenn du das erfährst nachdem du dich ein bisschen eingewöhnt hast, es ist eine tolle Erfahrung für dich und natürlich werde ich dich nicht alleine lassen...
Ich habe aber längst nicht mehr wirklich zugehört, in diesem Moment brach eine Welt für mich zusammen. Das mag übertrieben klingen, ist aber wahr. Ein Gefühlschaos von Angst, Trauer, Wut und sehr viel Unsicherheit, das Verlangen nach MEINER Mama, MEINER Familie die mich auffängt und ich weiß das alles gut wird, weil sie da ist. Ich war komplett durcheinander und dachte nur: Ich will hier nicht weg!! Ich war so verdammt wütend auf meine Organisation, die mir tatsächlich nicht ein Wort gesagt hat, ich konnte mich nie auf einen Wechsel vorbereiten, und sowas ist keine Kleinigkeit, zumal die Organisation zu diesem Zeitpunkt natürlich keine Ahnung hatte, in welcher Familie ich danach leben werde.
Ich habe direkt mit Mama telefoniert, total am heulen und stinksauer. Es war schön, meinen Gefühlen in meiner Muttersprache freien Lauf zu lassen und ihre aufbauenden Worte zu hören. Dennoch hätte ich meine Familie in vollem da sein gebraucht. Meiner Gastmutter gegenüber habe ich gesagt, mir geht es gut. Ich muss das nur erstmal verarbeiten und ich war auch nicht sauer auf meine Familie. Es ging mir aber gar nicht gut. Die Tage danach habe ich viel geweint und aus Trauer wurde immer mehr Wut. Auf meine Organisation, und immer mehr ebenfalls auf meine Familie. Ich fühlte mich verraten. Ständig haben wir über Pläne geredet für den Sommer, für das ganze Jahr. Keiner hat was gesagt !
Auch als meine Kontaktperson erfahren hat, dass ich nun Bescheid weiß, hat sie sich nicht einmal bei mir gemeldet um sich zu entschuldigen. Als sich sie gefragt habe wieso sie mir nie etwas gesagt hat meinte sie, sie hatte keine Ahnung dass ich das nicht wusste, sonst hätte sie mir natürlich Bescheid gesagt. Meine Gastmutter hat aber mehrfach mit ihr geschrieben, und sie aufgefordert, mir davon zu erzählen. ich weiß nicht wer, aber irgendwer hat mich da eiskalt angelogen und ich tippe auf meine Kontaktperson.
Das ganze Missverständnis kam vermutlich so Zustande, dass das Haupt-Büro der Organisation in Buenos Aires meine Papiere für 1 Jahr, und die Papiere der Familie für 6 Monate hatte. Da normalerweise keine 1-Jahres-Schülerin zu einer Halbjahresfamilie geschickt wird, dachte sich das Büro wohl, Hm. Muss `n Fehler sein, haben nicht weiter drüber nachgedacht und aus dem Halbjahr einfach ein ganzes Jahr gemacht. Man kanns ja auch so einfach haben..! Naja. Lange Geschichte, kurzer Sinn. Ich musste damit klar kommen, Basta.
Eine Woche später fragte meine Kontaktperson mich, ob ich früher wechseln wollen würde, wenn vorher eine Familie gefunden wird. Meine Antwort war nein, ich wollte ja am liebsten gar nicht gehen. Mit den Tagen dachte ich darüber nach und änderte meine Meinung, da ich mir eine richtige Familie mit einer festen Beziehung wünsche, und keine 2 Halbjahres Aufenthalte, denn so eine Beziehung braucht Zeit. Das gab ich so an meine Organisation weiter, und bekam von allen Seiten volles Verständnis. Nur meiner Gastfamilie sollte ich nichts sagen, war ja schließlich auch noch nichts fest. Letztendlich fand sich dann eine Familie in meiner Schule, die ab sofort Aufnahmebereit ist. Ist nun auch schon wieder 2 Wochen her, hat dann auch so lange gedauert, bis 2 Leute meiner Organisation heute dann mal endlich hier waren, um meine aktuelle Familie zu informieren. Diese 2 Wochen hatte ich so viel Angst, wie meine Familie darauf reagieren würde, ob sie dann doch keinen Kontakt mehr wollen, ich habe mir den Kopf zerbrochen! Letztendlich stieß ich auf totales Verständnis. Meine Mutter sagte mir dass sie weiß, dass dies das Beste für mich ist und sie nur das Beste für mich will. Zumal ich viel näher bei meiner Schule und meinen Freunden wohnen werde. Ihr glaubt nicht, wie erleichtert ich bin. Was mich sehr gerührt hat, dass meine Gastmutter erzählt hat, wie viel ihre Kinder in 2 Monaten von mir gelernt haben. Sie helfen mehr beim Tisch abräumen oder Essen machen, die kleinen essen seitdem auch mal Gemüse... und das war mir wirklich überhaupt nicht bewusst!
Außerdem sieht meine kleine Schwester (7j.) mich als richtige Schwester an, und ebenfalls hat meine andere Schwester (15j.) meiner Mutter erzählt, wie gern sie ihr Zimmer mit mir teilt und das ich für sie wie eine Schwester bin. Gerade das hat mich sehr gerührt und überrascht, da ich oft das Gefühl habe, sie zu nerven. Aber ihre Art ist einfach etwas einfacher, schwer zu beschreiben. Am Ende haben wir also heute beschlossen, den Umzug am Samstag durchzuführen.
Nun aber mal über meine neue Familie,
die ich letzten Donnerstag kennengelernt habe und Samstag auch direkt mit den Schwestern feiern war: Eine riesige Familie, 5 Kinder, Elternpaar, 4 Haustiere und ein fester Freund
Miguel & Lucia, beide 49j.
Lara - 17j. / Eugenia - 18j. / Ayelen - 26j. (Die Mädels)
Ezequiel - 23j. / Fernando 25j. (Die Männer, haha)
& der Freund von Lara, fast immer im Haus: Exequiel - 21j.
2 Hunde & 2 Katzen, (bis auf den großen Hund alle im Haus)
Die wohnen alle Zuhause, sind mit mir dann 9... und nein, das Haus ist nicht riesig! :D
Der Vater ist Hockeytrainer, die ganze Familie spielt Hockey und sind deshalb ständig zusammen unterwegs, ist wie bei uns Zuhause mit den Pferden. Ich hatte am Dienstag mein erstes Training und war etwas deprimiert, weil Hockey total schwer ist, aber dran bleiben!! Lara ist in meinem Jahrgang, aber im Kurs Soziales, in den ich vermutlich im kommenden Schuljahr wechseln werde. Eugenia macht dieses Jahr ihren Abschluss auf meiner Schule, Ayelen und Eze studieren, Fernando arbeitet in einer Metallfabrik. Miguel arbeitet in einem Krankenhaus mit Leuten, die zum Beispiel Drogenabhängig sind und Lucia arbeitet in einer Art Kindergarten für sozialschwache Familien. Außerdem hatte die Familie vor mir 4 Schülerinnen. Aus Kanada, Polen, Thailand und im letzten Jahr aus Deutschland, Köln. Zu allen besteht noch guter Kontakt. Ayelen und Eugenia waren in diesem Jahr ebenfalls für 2 Monate in Deutschland. In dieser Familie ist jeder wilkommen.
Letzen Donnerstag war ich das erste mal dort, Samstag waren wir feiern. Beim 2. zusammen-treffen hat mich der Vater direkt mit den Worten "Hola mi amor" begrüßt, total herzlich!!
Ich verstehe mich mit allen super und denke dass ich dort sehr, sehr gut aufgehoben bin.
So mache ich meine Erfahrungen in 2 völlig verschiedenen Familien, dennoch denke ich nicht, dass mir die eine jemals lieber als die andere sein wird, sie sind beide wundervoll und ich bin meiner jetzigen Familie für alles sehr, sehr dankbar!
So werde ich mit Tränen und Vorfreude mein jetziges Zuhause verlassen,
aber Abscheid heißt was neues kommt und noch bin ich ja nicht aus der Welt! :)